Saaremaa – Windmühlen, Wacholder und heilende Quellen

Eigentlich wollten wir als letzten Stopp auf die Insel Hiiuma, aber weil wir auf Saaremaa eine Möglichkeit zum Couchsurfen hatten, haben wir uns umentschieden. Von Tallinn aus geht die Fähre über die kleine Insel Muhu innerhalb 25 Minuten nach Saaremaa. Um zu unserer Unterkunft zu kommen, mussten wir einmal quer durch die ganze Insel bis ins Dorf Leedri, etwa 30km nordwestlich von Kuressaare, fahren. In Leedri, einem Dorf mit 68 Einwohnern, angekommen, wurden wir am verabredeten Ort abgeholt. Als erstes haben wir gelernt, dass es hier keine Straßennamen gibt, sondern jedes Grundstück und jeder Hof einen eigenen Namen hat. Keine Chance also mit Navi weiterzukommen. Nachdem wir unser Quartier bezogen haben, haben wir uns gleich auf den Weg gemacht die Insel zu erkunden. Unsere estnische Gastgeberin hat uns begleitet und uns die schönen und unentdeckten Ecken von Nordwest-Saaremaa zu zeigen.

Saaremaa

Sie führte uns an Orte und Plätze, die abseits von Touristenrouten (wenn es solche überhaupt in Saaremaa gibt) liegen und so besuchten wir kleine Fischerdörfer und lernten viel über die Geschichte Estlands.

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Odalätsi Brunnen

Ein ganz besonderer Ort war eine Quelle im Wald. Hier sprudelt das Wasser aus der Erde und wird nach und nach zu einem Fluss. Der Legende nach wird man ewig jung bleiben, wenn man von ihrem Wasser trinkt und sich mit ihrem (sehr kalten!) Wasser wäscht. Wir haben uns natürlich sofort die Schuhe ausgezogen und sind einmal quer durch den Bach gestampft. Es war herrlich! Ein natürliches Kneippbecken mitten in der unberührten Natur.

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Panga – hier geht es rund 20 Meter steil bergab

Weiter ging es dann Richtung Nordküste, wo uns Panga, eine steile Küste mit einer gigantische Aussicht erwarteten. Man kann die Felsen hinunterklettern, was wir aber aufgrund unseres Babys nicht konnten. Wir genossen einfach die Aussicht und die frische Brise. Es war himmlisch still und wirklich magisch. Ich habe kein anderes Land zuvor bereist, das so eine Ruhe ausstrahlt und so wenig bereist wird, denn auch hier waren wir wieder die einzigen Menschen.

Anschließend fuhren wir Richtung Osten zu einer deutschen Familie, die sich hier niedergelassen hat und nun Senf in allen möglichen Geschmacksrichtungen herstellt. Wir haben einen Pfeffer- und Heidelbeersenf gekauft und sind nach einem kurzen Gespräch weitergefahren.

Saaremaa Windmühle Mann
Der Windmühlen-Mann

Plötzlich sahen wir auf der rechten Straßenseite zwei alte Windmühlen, die wie ein estnisches Ehepaar aussahen. Wir ließen es uns nicht nehmen, ein Foto zu machen.

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Die Windmühlen-Frau im estnischen Folklore Outfit

Zum Schluss sind wir zum Wahrzeichen Saaremaas gefahren, den Windmühlen in Angla. Der Eintritt kostet 3,50€ pro Person (Kinder 1,50€). Alle Mühlen können besichtigt werden und in einer kann man sogar einem Mühler bei der Arbeit zu sehen. Für Kinder sicherlich sehr spannend!

Saaremaa5 (2)Zurück in Leedri führte uns unsere Estin zu einer Familie, die sich auf Wacholdersirup spezialisiert hat. Der Wacholder wächst fast überall in Estland, doch ist besonders auf Saaremaa verbreitet. Der Sirup ist das estnische Pendant zum Ahornsirup und kann zum Süßen anstelle von Honig oder Zucker verwendet werden.

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Die Nacht verbrachten wir im Gartenhäuschen, das liebevoll eingerichtet war. Ich habe aber die ganze Nacht kein Auge zugetan, weil es keine Fensterläden gab und es kaum dunkel wurde. Daher entschlossen wir uns für die kommenden zwei Nächte in ein Hotel in Kuressaare zu gehen. Mit unserer mittlerweile zur Freundin gewordenen Estin verabredeten wir uns am nächsten Tag und so führte sie uns auch durch Kuressaare.

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Bei diesem Ausblick konnte man das Frühstück sehr genießen.

Kuressaare ist ein wunderschönes kleines, sehr gepflegtes Städtchen mit vielen Cafes und Restaurants, Marktständen und der großen Bischofsburg. Unser Hotel lag direkt am Burggraben, so dass wir beim Frühstück (das übrigens grandios war!) schon die schöne Aussicht genießen konnten. Die Burg ist sehr gut erhalten und der Eintritt lohnt sich wirklich. (Erwachsene 6€, Kinder 3€)

Kuressaare

Bischofsburg Kuressaare

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Tipp: Dereku Burger direkt am Markt. Alles frisch zubereitet und lecker!

Auf dem Rückweg aufs Festland haben wir noch einen letzten Halt gemacht und uns den Kaali-Krater angeschaut. Hier hat vor ungefähr 7500 Jahren ein Meteorit eingeschlagen und den Krater hinterlassen. Er hat, obwohl er von oben ziemlich klein wirkt, einen Durchmesser von 110m und schimmert grünlich. Der Eintritt ist kostenlos.

Kaali Krater
Kaali-Krater

Unsere estnische Freundin ist leider letztes Jahr mit knapp 30 Jahren verstorben. Ihr widme ich diesen Blogartikel. Liebe Janne, du hast uns deine Heimat gezeigt, wie du sie mit deinen Augen gesehen hast. Vielen Dank dafür! Saaremaa und du werdet immer in unseren Herzen bleiben!

Mystisches Estland Teil 2 – Lahemaa Nationalpark

Vihula Manor

Nachdem wir die Hauptstadt Estlands zu Fuß und per Rad erkundet haben, haben wir uns auf den Weg Richtung Westen gemacht. Etwa 80 km von Tallinn entfernt findet man den Lahemaa Nationalpark. Hier haben wir die wunderschöne Unterkunft Vihula Manor gebucht, einen restaurierten deutschbaltischen Herrensitz aus dem 16. Jahrhundert mit mehreren Gutshäusern, einer Mühle, einer Ökofarm, einem Spielplatz und Spa. Von dort aus war es nur ein Katzensprung zu den verschiedenen Sehenswürdigkeiten des Nationalparks.

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Das Gelände des Vihula Manor
Findlinge Käsmu
Findlinge bei Käsmu

Charakteristisch für Lahemaa sind Findlinge, riesige Steine, die überall an der Küste zu finden sind. Im kleinen Örtchen Käsmu beispielsweise beginnen mehrere Wanderwege, die an den Steinen vorbeiführen.

Vosu Strand

Das Dorf Võsu mit seinem wunderschönen feinen 1,5km langen Sandstrand, eins ein Erholungsort des russischen Adels, ist heute ein beliebtes Ausflugsziel der Esten. Das seichte Wasser ist warm und ideal für Kinder. Der umliegende Wald bietet außerdem genug Schatten für alle, denn die Sonne kann auch hier im Norden sehr stark sein.

Altja Wanderweg

Vom Fischerdorf Altja führt ein herrlicher Wanderweg entlang des Strandes und zurück durch den Wald. Hier kann man gleich am Ortseingang links parken und geradeaus Richtung Strand laufen, dann kommt man direkt auf den Wanderweg. Auch hier waren wir alleine unterwegs und konnten die absoulte Stille genießen.

Altja Strand 5
Wandern entlang der Ostsee
Wanderweg Altja
Wanderweg in Altja
Altja
Das Fischerdorf Altja – wie aus einem Bilderbuch

Nach unserer Wanderung sind wir im Altja Kõrts eingekehrt, einem sehr leckeren urigen Restaurant gegenüber des Parkplatzes am Ortseingang.  Hier kann man den Tag schön ausklingen lassen.

 

Mystisches Estland Teil 1 – Tallinn

Als unsere Tochter 9 Monate alt war, stand der erste Monat Elternzeit für meinen Mann an. Für uns stand schnell fest, dass wir in den Norden wollen, am besten dort hin, wo es wenig Touristen gibt. Mir schwirrte schon länger Estland im Kopf herum und nachdem ich den Reisebericht von Christina von der Reisemeisterei gelesen habe, gab es für mich nur noch dieses Reiseziel. Also habe ich uns eine Rundreise mit vier Stopps  zusammengestellt und nach Unterkünften geschaut. Man kann in Estland verhältnismäßig günstig sehr schicke Hotels bekommen, so dass ich zwei schöne Hotels und eine Herberge gebucht habe. Auf der Insel Saaremaa haben wir Couchsurfing gemacht. Später mehr dazu.

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Unser Flug ging von Frankfurt nach Tallinn, wo wir uns für 10 Tage einen Mietwagen geliehen haben. Unser Hotel in Tallinn war 5 min von der Altstadt entfernt, so dass wir, nachdem wir unser Zimmer bezogen haben, direkt die Altstadt besichtigen konnten.

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Wenn man durch das Tor die Altstadt betritt, weiß man gar nicht wo man als erstes hinschauen soll, da es überall wunderschöne Gebäude gibt, die in allen Farben erstrahlen. An jeder Ecke gibt es kleine Cafes, Restaurant und Läden, in denen man stöbern kann.

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Die Drei Schwestern – ein Gebäudekomplex aus dem 14.Jahrhundert

Man kann getrost einen ganzen Tag in der mittelalterlichen Altstadt verbringen, ohne dass einem langweilig wird.

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Am nächsten Tag wollten wir uns den Rest von Tallinn ansehen und haben uns zwei Räder samt Anhänger für unsere Kleine ausgeliehen. Mit einer Karte in der Hand radelten wir los in Richtung Pirita Strand, dem größten Badestrand Tallinns. Der Fahrradweg ging praktisch parallel zum Meer und bot immer wieder einen Ausblick auf die Fähren und das Wasser. Es war kaum jemand unterwegs und ich war fasziniert von der Atmosphäre, die schwer in Worte zu fassen ist. Auf der einen Seite fühlte ich mich wie im Süden am Meer und auf der anderen Seite, wenn ein alter Trabi an mir vorbeituckerte, wie zurückversetzt in die Zeit der russischen Besatzung.

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Fahrradweg Richtung Strand

Auf etwa halbem Weg fanden wir nach langer Suche den Friedhof der Denkmäler: ausrangierte Lenin- und Stalin-Statuen hinter dem Geschichtsmuseum „Maarjamäe Loss“, die frei zugänglich waren. Wir sind das ganze Gelände abgelaufen, bis wir schließlich hinter das Museum schauten und sie dort entdeckten. Mir war ganz mulmig zumute, da außer uns keine Menschenseele auf dem gesamten Museumsgelände war und ich ständig das Gefühl hatte, etwas verbotenes zu tun.

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Lenin-Statue auf dem Friedhof der Denkmäler

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Nachdem wir uns alles angeschaut haben, sind wir weiter Richtung Strand gefahren. Am fast menschenleeren Strand angekommen, packten wir unsere Decken und unser Picknick aus. Wir genossen die Stille und die Weite des Meeres. Der Strand war ein Traum für Eltern und Kind. Das Wasser, wie fast überall in Estland, sehr flach und der feine Sandstrand sehr breit.

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Stadtstrand von Tallinn